Cityhopperlook

11. Dezember 2023

Kilimandscharo Erfahrungsbericht Teil 2: Die Besteigung

Wie ich bereits in Teil 1 verraten habe, haben wir uns bei der Besteigung des Kilimandscharo für die Lemosho Campingroute entschieden, die weniger touristisch ist und sich durch ihre einzigartigen Ausblicke in Richtung kenianischer Seite, Amboseli Nationalpark und Mount Meru auszeichnet. Wie läuft die Wanderung auf den einzelnen Etappen ab? Was fühlt man dabei? Welche Hürden gibt es zu überwinden? All das liest du im Teil 2 in der eigentlichen Besteigung des Kilimandscharo. Alles, was du zur Vorbereitung der Reise brauchst, liest du im Teil 1. Falls du weitere Fragen hast, schreibe sie gerne in die Kommentare, kontaktiere mich per Kontaktformular oder Instagram DM.

Tag 1/ Day 1: Moshi – Londorossi – Mti Mkubwa Camp (2.750 m)

Heute beginnt unsere Trekkingtour zum Gipfel des Kilimandscharo. Nach einem vorbereitenden Gespräch mit unserem Hauptbergführer fahren wir zusammen mit unserem 12-köpfigen Team zum etwa 80 km entfernten Londorossi-Gate (2.250 m). Die Fahrt führt über eine größtenteils sehr holprige Piste und nimmt einige Stunden in Anspruch. Angekommen am Gate erfolgt die Registrierung und dann kann’s losgehen.

Die Wanderung führt durch dichten Regenwald bis in die Lemosho-Niederungen. Unser Ziel ist das Forest Camp auf 2.750 m. Hier ist das Klima noch sehr tropisch und feucht. Als wir eintreffen, hat das Team bereits das Camp aufgebaut und wir haben Zeit, uns frisch zu machen und einzurichten. Auf Duschen müssen wir die nächsten Tage verzichten. Dafür bekommen wir jeden Abend und Morgen eine warme Wasserschüssel vors Zelt gestellt. Beim ersten Gang auf das Plumpsklo muss ich die Luft anhalten. Der Gestank ist kaum auszuhalten und auch sonst ist es nicht wirklich hygienisch. Mein absoluter Horror ist der Toilettengang die nächsten Tage. Daher empfehle ich jedem, 100 Dollar mehr für eine eigene Campingtoilette zu investieren. Ihr werdet es nicht bereuen!

Nach dem ersten Schock haben wir uns unser erstes Abendessen schmecken lassen. Unglaublich, was unser Koch auf die Teller zaubert bei der geringen Küchenausstattung. Nach dem Essen folgt das abendliche Ritual: Unsere Guides messen unseren Sauerstoffgehalt im Blut, um frühestmöglich Risiken einer Höhenkrankheit abzuschätzen. Schlafen gehen wir immer relativ früh – um kurz nach 20.00 Uhr, um für den nächsten Tag fit zu sein. Aufgrund der heißen Temperaturen und der lauten, ungewohnten Geräusche des Urwalds fällt der Schlaf eher mager aus.

Tag 2: Mti Mkubwa Camp – Shira Camp 2 (3.850 m)

Heute lassen wir den Wald hinter uns und gelangen über steiler werdende Pfade in Heide- und Moorlandschaften. Wir überqueren den Shira Kamm (3.600 m) und erreichen nach rund vier Stunden durchgeschwitzt das auf 3.500 m gelegene Shira Camp 1. Hier sind die Temperaturen deutlich kühler.

Nach einer Mittagspause führt uns eine ca. 4 Std. Wanderung bei Sturm und Regen weiter über die Hochebene zum Shira Camp 2, das auf einer Moorwiese an einem Bach liegt (3.850 m) und Blicke auf den Kibo, Shira und Mt. Meru preisgibt. Die 14 km und der Aufstieg von 1120 m haben es in sich. Neben der Erschöpfung machen sich auf fast 4.000 m erste Symptome der Höhenkrankheit bemerkbar: Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen und Übelkeit. Auch wenn viele von Schmerzmitteln gegen Höhenkrankheit abraten, hat mir Ibuprofen geholfen die Nacht mit wenigen Unterbrechungen durchzuschlafen. Hier rate ich jedem auf seinen Körper zu hören und bei akuter Höhenkrankheit direkt abzusteigen.

Tag 3: Shira Camp 2 – Barranco Camp (3.960 m)

An Tag 3 steigen wir bei strömenden Regen bis auf 4.630 m hoch, um danach wieder auf unter 4.000 Meter abzusteigen. Das dient der Akklimatisierung des Körpers, getreu dem Motto: Hoch steigen – tief schlafen. Wir umrunden einen Teil des mächtigen Kibo Gipfels auf dessen Südseite. Die Landschaft wird karger und zahlreiche Geröllblöcke prägen die Umgebung. Eine Wanderung durch die staubige Alpinwüste mit den vielen verstreuten Felsbrocken, erweckt den Eindruck, als ob man auf dem Mond herumspaziert.

Am Lava Tower, einem schroffen Felsobelisken aus Lavagestein, erreichen wir den höchsten Punkt der heutigen Etappe. Heilfroh den höchsten Punkt erreicht zu haben, geht es im Schneeregen über einen steilen Felshang, der einem Wasserfall gleicht, hinab zum Barranco Camp. Allmählich wird die Lava-Steinwüste wieder von der Heide- und Moorlandzone abgelöst. Hier machen wir unsere lang ersehnte Rast. Zum Essen gibt’s: Kalte Hähnchenschenkel, Butterbrote und Obst. Der Weg führt vorbei am “Garten der Senezien”, einem Gebiet in dem viele der mannshohen Senezien und Riesenlobelien wachsen. Das Barranco Camp ist sehr “aussichtsreich” und oft über den Wolken gelegen. Am Abend können wir bei wolkenlosem Himmel die Lichter der 60 km entfernten und rund 3.400 Meter tiefer liegenden Kleinstadt Moshi erkennen.

Tag 4: Barranco Camp – Karanga Valley Camp (4.040 m)

Nach dem Frühstück gilt es die Barranco-Felswand zu überwinden. Die sogenannte “Breakfast Wall” sieht gefährlicher aus, als sie tatsächlich ist. Dennoch hilft mir meine Boulder Erfahrung die Barranco-Wand sicher zu erklimmen. Vom Fuße der etwa 250 Meter hohen Wand führt ein schmaler Pfad in Serpentinen entlang der Great Barranco Wall bergauf. Nach etwa anderthalb bis zwei Stunden haben wir das Plateau erreicht und werden sogleich mit einem atemberaubenden Ausblick auf den Kibo und dessen drei Süd-Gletscher belohnt. Nach einer kurzen Verschnaufpause geht es entlang eines staubigen Pfades hinab zum Camp im Karanga Valley mit dem ganzjährig wasserführenden Karanga River. Eine Zwischenübernachtung auf diesem Camp einzulegen hilft, Kräfte für den bevorstehenden Gipfelaufstieg zu sparen und den Akklimatisierungsprozess zu begünstigen. Der Nachmittag dient der Erholung und Regeneration.

Tag 5: Karanga Valley – Barafu Camp (4.600 m)

Von nun an führt der Weg steil bergauf auf einem verdichteten Geröllpfad durch eine felsige Landschaft in schwierigem Gelände. Die Vegetation wird immer spärlicher, jedoch werden wir mit grandiosen Ausblicken auf den Mount Meru, den Mawenzi und natürlich den Kibo entschädigt. Wir passieren die Wegkreuzung, wo der Southern Circuit Trail auf den Mweka Trail trifft, den wir später für den Abstieg nutzen. Weiter geht es bis zum Barafu Camp auch Base Camp genannt, in dem wir die letzte Nacht in großer Höhe verbringen. Unterwegs bieten sich Blicke auf den Gipfel aus verschiedenen Perspektiven. Kurz nach Eintreffen wird das Abendessen serviert, sodass wir uns vor dem letzten Aufstieg, der gegen Mitternacht beginnt, maximal erholen können. Wir versuchen zu schlafen und uns mental auf den Aufstieg vorbereiten – was eher semi-gut auf 4.600 m funktioniert.

Tag 6: Uhuru Gipfel (5.895 m) – Mweka Camp (3.100 m)

Die letzte Etappe bis zum Gipfel beginnt bereits kurz nach Mitternacht. Der anstrengendste und zugleich faszinierendste Tag liegt vor uns. Bevor wir in die Dunkelheit aufbrechen, stärken wir uns mit heißem Tee und Keksen. Die Stirnlampen der Wanderer die vor uns gestartet sind sehen aus der Entfernung aus wie Glühwürmchen, die in einer langen Reihe fliegen. Die Wanderung hoch zum Stella Point ist ein sehr langsamer, steiler Aufstieg über vulkanisches Geröll für ca. 5-6 Stunden. Der Weg führt über eine schier endlose steile Geröllhalde, deren Untergrund in der Nacht meist noch gefroren ist. Mein Tipp: Gute Musik auf die Ohren, das mobilisiert die letzten Reserven und lenkt davon ab, dass die Füße mittlerweile einzige Eisklötze sind.

Obwohl das Schild des Stella Point bereits in Sichtweite ist, raubt die Höhe den Atem und fordert die letzten Kräfte. Hier gilt es sich durchzubeißen und nicht nach jedem Schritt Pause zu machen. Besser langsamer aber stetig die letzte Steigung meistern. Während wir uns dem Kraterrand nähern, haben wir das Glück einer der schönsten Sonnenaufgänge, den wir je erleben durften, zu genießen. Als wir den Stella Point auf dem Kraterrand erreicht haben, ist der Uhuru Peak bereits in Sichtweite und auf relativ flachem Gelände ist es “nur” noch ein ca. 45-minütiger Fußmarsch.

Obwohl das Ziel in so greifbarer Nähe ist, ist eiserner Wille gefragt, um die letzten 150 Höhenmeter zu bewältigen. Entschädigt werden wir mit einem traumhafte Rundblick über den Krater und dem überwältigten Gefühl, den höchsten Punkt Afrikas auf 5.895 Metern erreicht zu haben. Stolz, Dankbarkeit und Freude – sind nur einige der Gefühle, die einen überkommen. Nach einem kurzen Aufenthalt auf dem Dach Afrikas und dem klassischen Beweisfoto vor dem Gipfelschild, erfolgt der Abstieg über die Mweka Route. Für den Abschnitt zurück zur Barafu Hütte brauchen wir nur etwa die Hälfte der Zeit. Man kann auch den Geröllhang “hinunterrutschen”, was bedeutet, dass man mit großen Schritten durch den losen Kies runterrutscht. Das wollte ich meinen Füßen und Knien aber nicht antun. Mit jedem Schritt, den es nach unten geht, spürt man deutlich, wie die Luft immer sauerstoffreicher wird.

Wieder im Barafu Camp angekommen, gönnen wir uns eine wohlverdiente Mittagspause und werden vom Koch mit einer stärkenden Mahlzeit verwöhnt. Der weitere Abstieg zum Mweka Camp auf 3.100 Metern ist nicht mehr so steil, aber noch sehr lang. Die letzten Meter waren die absolute Hölle – meine Zehen taten noch nie so weh. Apropos: Ich habe mittlerweile 3 Zehennägel verloren. Daher immer gutes Schuhwerk bei solchen Wanderungen einpacken. Im Mweka Camp gibt es Zeit sich von diesem extrem langen und harten Tag auszuruhen und Schlaf nachzuholen!

Tag 7: Mweka Camp – Mweka Gate (1.700 m)- Moshi

Nach dem Frühstück, der Verabschiedung und Überreichung des Trinkgeldes an unser tolles Team starten wir den letzten Abschnitt der Tour. Auch hier möchte ich nochmal betonen: Ohne das Team hätten wir den Aufstieg niemals geschafft. Es ist unglaublich was die Guides, Porter und Köche am Berg leisten.

Die Wanderung durch den Regenwald hinab zum Mweka Gate (1.700 m) ist eher gemütlich. Die üppige Vegetation mit den von Baummoos überwachsenen Bäumen sowie den Riesenfarnen hat meine anhaltenden Fußschmerzen etwas in den Hintergrund gestellt. Dennoch kann man mir meine Erleichterung endlich am Gate angekommen zu sein, deutlich ansehen. Am Nationalpark-Gate werden wir bereits vom Fahrer erwartet und nach dem Erhalt der Urkunde werden wir inklusive der Mannschaft zurück zum Hotel nach Moshi gebracht. Die Dusche war bitter nötig und um ehrlich zu sein, habe ich mich noch nie so sehr über eine richtige Toilette gefreut. Bis zur Weiterreise nach Sansibar haben wir uns am Hotelpool von den Anstrengungen der letzten Tag erholt und das Abenteuer bei einem Kilimandscharo Bier Revue passieren lassen.

Ende

Falls ich jetzt Euer Interesse oder Euren Ehrgeiz geweckt habe, dann kann ich Euch dieses einmalige Abendteuer wärmstens ans Herz legen. Es ist jeden Cent und jede Anstrengung wert.